Kleine Ölfibel

  • 1. Die Öl-Gruppen
    Alle Öle, egal ob voll- oder teilsynthetisch, hydrocrack oder klassisches Mineralöl, haben den gleichen Ursprung – Erdöl. Erdöl enthält Ölmolekühle in den unterschiedlichsten Formen. Je nach Bohrstätte gibt es von Grund auf bessere und auch schlechtere Grundöle.


    Klassische Mineralöle stellen die untere Stufe der Motorenöle da. Die weit aus interessantere Variante eines Öls ist das hydrocrack Öl, welches auch als HC-Öl abgekürzt wird. HC-Öle sind heute eher Standard. Fast jedes 15W40 aus dem Baumarkt ist ein HC-Öl.
    HC-Öle werden in der Raffinerie aus den besseren Mineralölen hergestellt. Die Moleküle werden dort gebrochen (gecrackt) um diese in eine gewünschte Form zu bringen. Dies läuft in einem Verfahren ab, welches nicht so genau kontrolliert werden kann, d.h. die Molekühle werden nicht alle gleich gut gebrochen.


    Den Toplevel stellen die synthetischen Öle da. Dort werden die Moleküle des Grundöls komplett zerlegt und neu zusammengesetzt. Dabei wird natürlich nur das verwendet, was zur Schmierung benötigt wird. Das Endergebnis der neuen Molekularstruktur gleicht dem Grundöl gar nicht mehr. Diese so verbesserten Öle entsprechen fast dem fertigen Endprodukt.


    Dann gibt es noch teilsynthetische Öle. Teilsynthetiköle sind (wie der Name ja auch schon vermuten lässt) in der Regel HC-Öle mit Beimischungen von Synthetikölen.


    Zusammengefasst sind rein mineralische Öle die schlechtesten und die syntetischen (auch vollsynthetisch genannt) die besten Schmierstoffe. HC und teilsynthetische Öle liegen halt da zwischen. Ob nun ein Teilsynthetisches oder ein HC-Öl qualitativ hochwertiger ist, lässt sich so gar nicht beantworten, weil es dabei stark auf die verwendeten Additive ankommt.



    2. Die Öl-Preise
    Der Preis eines Schmieröls hängt von 3 Faktoren ab:
    1. Der Preis des Grundöls
    2. Der Aufwand in der Nachbearbeitung (keine/HC/Synthese)
    3. Die Qualität und Anzahl der Beimischungen (Additive)


    Platt gesagt: 1. Wahl des Grundöls + Synthese + effektive Additive = teures VS-Öl
    2. Wahl des Grundöls + einfache Additive = 1,20 € / Liter Baumarktplörre


    Man beachte noch mal den Preis. Dafür bekommt man noch nicht mal einen Liter Benzin…


    3. Die Viskosität
    Ja jetzt wird es spannend. Auf jeder Öl-Flasche gibt es eine Viskositätsangabe. Die steht auch ganz dick drauf. 15W40, 10W40, 5W30 etc. Fast jeder kauft ein Öl, wo sich diese Angabe am besten anhört. Jeder hat halt mal gehört, dass ein 10W40 bei hoher Motorlast besser als ein 5W30 ist. Das Öl kann mehr Temperatur ab ist die Schlussfolgerung. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Es gibt ein 0W40, welches weit aus temperaturstabiler als ein 10W60 ist, aber dazu später mehr.
    Was bedeuten nun die Zahlen? Die erste Zahl gibt die dynamische Viskosität des Öles an. Die dynamische Viskosität ist Fähigkeit des Öls bei niedriger Temperatur nur durch die Erdanziehung zu fließen. Genauer bis zu welcher Öltemperatur das Öl noch selbstständig zur Ölpumpe fließen kann. 5W bedeutet -30°C. Ein 5W40 wäre in Sibirien daher eher nicht das Richtige Öl :winking_face:
    Die 2. Zahl steht für die kinetische Viskosität bei 100°C. Auch dieser Wert ist nicht wirklich ein Qualitätsindiz. Ein niedriger Wert wäre sogar vorteilhaft, denn eigentlich ist es doch sinnvoller, dass das Öl bei 100° recht dünn ist, damit mehr Öl durch die Pumpe fließen kann, und somit das Öl an den zu schmierenden Stellen schneller ausgetauscht wird.
    Wesentlich Aussagekräftiger ist der HTHS-Wert. Dieser sagt wesentlich mehr über den Verschleißschutz bei hohen Temperaturen aus. Der HTHS-Wert gibt die Viskosität bei 150°C und unter einer Scherbelastung gemessen an. Das ist viel aussagekräftiger, wie dies den Belastungen am Kolben am Nächsten kommt.
    Natürlich existiert zwischen der kinetischen Viskosität (wir erinnern uns: der 40-Wert) und dem HTHS-Wert ein Zusammenhang. Es ist z.B. nicht möglich ein Öl mit einer Viskosität von 10mm²/s und einem HTHS-Wert von 4 zu haben (bei 100°C).
    Weil der HTHS-Wert wesentlich genauer bzw. Aussagekräftiger für den Verschleißschutz ist, ist z.B. ein 0W30 von Firma A nicht gleich ein 0W30 von Firma B. Firma A hat beispielsweise einen abgesenkten HTHS-Wert von 3,0mPa.s. und bei 100° auch nur eine Viskosität 9. Firma B hat einen guten HTHS-Wert von 3,5 und daher eine Viskosität (auch bei 100°) von knapp 12,4 mm²/s. Hätte dieses Öl nun einen HTHS-Wert von 12,5 – dann wäre es bereits ein (schlechtes) 0W40!
    Wie schon erwähnt spielt der HTHS-Wert vor allem an den Kolben eine größere Rolle. Das liegt daran, dass eine Temperatur von 150° an anderen Schmierstellen nur selten erreicht wird. HTHS-Werte werden erst seit der Einführung der Mehrbereichsöle, die VI-Verbesserer enthalten, ermittelt, um sicherzustellen, dass diese Öle nicht nur temperaturstabil, sondern auch bei hohen Temperaturen noch scherfest bleiben. Am sinnvollsten wäre es, wenn ein Öl immer die gleiche Viskosität hätte, egal bei welcher Temperatur. Dies ist leider Wunschdenken, weil selbst die beste Synthese das ausdünnen des Öls bei hohen Temperaturen nicht verhindern kann. Die Physik lässt sich auch hier nicht umgehen. Ein gutes 0W40 komm diesem Ideal aber deutlich Näher als ein 15W40. Ziel der Synthesen ist das Ausdünnen bei zunehmender Temperatur zu verlangsamen. Angenehmer Nebeneffekt ist, dass desto weniger ein Öl bei höheren Temperaturen dünnflüssiger wird, desto dünner oder besser weniger zäh ist es bei niedrigen Temperaturen! Also umso größer der Viskositätsbereich ist, desto weniger dünnt das Öl bei hohen Temperaturen aus! Am wenigsten ist dies also bei den 0W40, 5W50 und den 10W60er Ölen.


    4. Sinn des Öles: Verschleißschutz
    Jedes Öl bietet einen gewissen Verschleißschutz. Das Eine halt mehr, das Andere dementsprechend weniger. Der HTHS-Wert alleine sagt schon eine Menge darüber aus, aber es kann durchaus sein, das ein Öl mit einem HTHS-Wert von 5,2mPa.s. schlechter als ein Öl mit einem HTHS-Wert von 5,0 ist. Um trotzdem besser zu sein, werden Additive beigemischt. Zur Erinnerung, da wir hier von HTHS-Werten sprechen, sprechen wir von Verschleißschutz bei 150°C. Jetzt werden sich so einige zurücklegen und sagen: Ha! Ich habe einen 16-Reiher drin. Ich komme nie über 120°C. Dazu sei gesagt: Schon mal darüber nachgedacht an welcher Stelle die Öltemperatur gemessen wird? An den relevanten Stellen wie Kolben und Auslassventile leider nicht. Dort entwickeln sich Temperaturen sogar weit über den 150°C. Und das in Sekundenbruchteilen, weil dort nur ein dünner Ölfilm vorzufinden ist.
    Wichtig bei einem guten Öl ist nicht nur der HTHS-Wert, wenn das Öl neu ist, sonder vor allem die Viskositätsstabilität und die Scherstabilität spielt eine sehr wichtige Rolle. Eine Öl, was bei Befüllung des Motor einen HTHS-Wert von 5,0 hat und nach 10000 km nur noch einen Wert von 3,5 nützt ja auch wiederum nichts. Daraus schlussfolgern wir, das die technischen Daten eines Öles (inkl. Dem HTHS-Wert) nicht aussagekräftig genug ist. Um das Verhalten und die Alterung des Öles zu bestimmen und somit die Qualität, bedarf es sehr aufwändigen Tests. Diese werden natürlich durchgeführt und in so genannten ACEA-Profilen gesammelt und ausgewertet.


    5. ACEA und VI (Viskositätsindex)
    Ich werde hier nicht genau darauf eingehen, weil das sicherlich den Rahmen sprengen würde. Ich gebe hier nur ein paar Anhaltspunkte.
    Ein ACEA A3/B3 ist ein Hochleistungsöl für verlängerte Wechselintervalle und hat die Mindestanforderung von HTHS 3,5mPa.s. Dabei spielt der Viskositätsbereich, der auf der Flasche zu finden ist keine Rolle. Ein A3/B3 Öl kann also ein 0W30, aber auch ein 5W50 sein. Ein Öl der Klasse A1/B1 und A5/B5-Profil ist die Mindestanforderung lediglich 2,9mPa.s. Jeder Motorenhersteller hat aber eigene Normen. Bei unseren VW-Normen 503.00/506.00 u. 506.01 gilt auch ein HTHS von 2,9. Die Normen 502.00 und 505.00 haben einen besseren Verschleißschutz bei hohen Temperaturen, weil diese beiden Normen auf dem A3/B3-Profil basieren und daher einen HTHS von mindestens 3,5 haben müssen.
    Fahrzeughersteller schreiben daher keinen Viskositäts-Wert vor, sondern geben die Normen und somit eine Mindestqualität des Öles vor. Begleitet wird dies aber natürlich schon von einer Viskositätsempfehlung, die aber in jedem Handbuch Außentemperaturabhängig ist.
    Ein 5W40 kann bei den meisten Motoren von -30 bis +40°C eingesetzt werden. Vorausgesetzt es verfügt über die Freigabe des Herstellers.
    Nur den Viskositätsbereich betrachtet, ist ein 5W40 für fast alle Motoren der beste Kompromiss in unseren Breitengraden. Im Winter dünnflüssig genug und bei hohen Temperaturen noch Scherfest genug. Dies trifft auf jeden Fall auf alle vollsynthetischen 5W40er zu.
    Leider kann man den Viskositätsbereich nicht beliebig dehnen. Ein 0W100 wäre sicherlich keine schlechte Wahl, aber (noch?) nicht möglich. Der derzeit größtmögliche VI-Wert ist 190, welches nur bei den besten 0W40er zu finden ist. Selbst ein 10W60 kommt da nicht ran.


    Aufgrund der 10.000 Zeichen Beschränkung bitte im nächsten Post weiterlesen...

  • 6. Viskosität und Qualität
    Jetzt wird es nach soviel Theorie mal etwas konkreter.
    Zuerst ein paar Unwahrheiten ausräumen. Nicht alle 10W40er Öle sind teilsynthetisch und nicht alle 5W40er sind vollsynthetisch. Bei den 10W40er sind die miesten nur die verbesserten, aufgebohrten Mineralöle also HC (hydrocrack). Nur sehr wenige 10W40er sind teilsynthetisch. Diese stellen auch eindeutig die Besten 10W40er dar. Aber auch bei den 5W40er sind sehr viele HC-Öle vertreten. Einige sind teilsynthetisch und nur wenige vollsynthetisch. Bei den 15W40er kann man aber sicher sein, das die immer rein mineralisch sind und bei den Nullern das die immer vollsynthetisch sind. Eingangs wurde ja schon erwähnt das die vollsynthetischen Öle auch auf Mineralöl basieren nur werden die Molekühle optimal „sortiert“. Dadurch erreicht man eine sehr hohe Temperaturstabilität und verlangsamt die Alterung des Schmierstoffs deutlich. Diese Öle schmieren kurzeitig noch gut und gerne bei 350°C, wo die mineralischen Öle schon lange verkokeln und verlacken. Des Weiteren haben die bereits einen höheren VI-Wert und dünner daher bei hohen Temperaturen nicht so stark aus. Durch die Zugabe eines Additivs, dem VI-Verbesserer, wird der schon beachtliche HTHS-Wert und auch der VI nochmals deutlich verbessert. Daher können diese Öle im kalten Zustand bereits besser schmieren und werden bei hohen Temperaturen nicht zu dünn. Ein sehr gutes Öl besteht aus einer guten Synthese + leistungsfähige Additive. Letzteres hat oft einen Anteil von 30%.
    HC-Öle sind besser als mineralische Öle, keine Frage und der Trend geht auch dahin, weil die Herstellung gegenüber den vollsynthetischen Ölen recht billig ist. Daher sind heute fast alle Öle HC-Öle, aber die Krönung stellt immer noch das vollsynthetische Grundöl da, welches mittels hochwertigen Additiven nochmals verbessert wird.


    7. Partei ergreifen / die Empfehlung
    Castrol:
    Aral, BP, Veedol und Castrol-Öle kommen aus einem Haus. Von daher gibt es dort natürlich Überschneidungen der einzelnen Marken.
    GTX7 ist ein einfaches HC-Öl nur teurer als andere Vergleichbare.
    Formula TWS 10W60 ist ein vollsynthetisches Öl, welches in Zusammenarbeit mit BMW für den M3 entwickelt wurde. Dort ist es auch sinnvoll und zwar nur dort, weil es Drücke bis 1000 bar und mit Kolbentemperaturen bis 300 °C um kann. Die Drücke entstehen in den Pleullagern bei 8000 rpm. Trotz der guten Werte hat es lediglich einen VI von 163. Das ist nicht wenig, aber es gibt da bessere.
    Das RS 10W60 hat gar keine Freigaben von den Motorenherstellern.
    Das Pendant dazu ist ja das Castrol RS 0w40, aber es hat nur eine Viskosität von 13,2 mm2/s bei 100°, wir erinnern uns ab 12,3 wäre es nur ein 0W30. Das Öl wird also bei hohen Temperaturen sehr dünn.



    Mobil:
    Mobil hat im Prinzip auch nichts tolles im Regal. Einzige Ausnahme ist das Mobil1 und dieses ist zugleich auch das beste Öl. Es hat einen ausgezeichneten HTHS-Wert von 3,6 mm²/s was wirklich sehr hoch ist und hat einen VI von 189 bei dem 0W40. Es ist somit auch dem Autobahnheizer gewappnet. Vor allem der hervorragende VI-Wert macht es so interessant, weil es bei allen Temperaturen relativ gleichdünn ist, zumindest im Gegensatz zur Konkurrenz.
    Wer noch mehr will und auch gerne mit mehr als 150°C Öl-Temp rumfahren möchte kann ja zum 5W50 von Mobil greifen. Dieses ist derzeit das Leistungsfähigste Öl auf dem Markt.



    In eigener Sache:
    Dies hier dient nur zur Orientierung und stellt keine Gesetzmäßigkeit da. Ich habe diese Informationen aus unserem Ölthread und dem darin erwähnten Ölthread aus dem Motortalk-Forum zusammengestellt, sowie aus Daten der Ölhersteller.
    Der Abschnitt "Partei ergreifen" stellt meine Interpretation aus dem erlangten Wissen da.
    Besonderer Dank geht dabei an Kuirrin und dem Sterndoctor aus dem Motortalk-Forum.

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